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  • David Zollinger

Trump, das FBI und die Schweiz

Heute soll der ehemalige FBI-Direktor Comey von einem Ausschuss des US-Senats befragt werden. Es wird dabei (auch) um die Einflussnahme des Präsidenten auf die kurze Amtsführung von Comey gehen. Die Kommentatoren sehen einmal mehr dunkle Wolken am politischen Horizont auftauchen. „Behinderung der Rechtspflege“ (obstruction of justice) hat politischen Skandalcharakter, und je nach Resultat der Anhörung wird man wieder den Ruf nach Amtsenthebung hören. Wie wäre denn die Lage in der Schweiz? Wenn (mangels Präsident) die Justizministerin Ähnliches täte?


Die Organisation, die von ihrer Aufgabe (wenn auch nicht von der Grösse, der Geschichte oder der Struktur) her dem FBI am nächsten kommt, ist die Bundeskriminalpolizei. Sie wurde im Rahmen des Projekts Effort f4 im Jahre 2000 geplant und ist die Gerichtspolizei des Bundes. Im Ermittlungsbereich ist ihr Auftraggeber die Bundesanwaltschaft. Und nun die heitere Fragestunde: Wie heisst ihr Direktor? Von wem wird er bestimmt? Wer gibt ihm die Aufträge? Wer setzt ihn allenfalls wieder ab? Vermutlich könnten nur wenige Personen ausserhalb der Bundesverwaltung Auskunft dazu geben. Im System der Schweiz sind solche Dinge nicht von grosser Relevanz. Tatsächlich wird die Behörde immer noch von einem Interims-Chef geführt. Der Entscheid, die Stelle des im Sommer 2015 zurückgetretenen Chefs einstweilen (bis zum Abschluss der Umbauprojektarbeiten) nicht zu besetzen, fällte die Direktorin des Bundesamts für Polizei fedpol. Sie wiederum untersteht der Vorsteherin des EJPD. Auch in der Schweiz bestimmt daher die Politik, wer Chefin wird und wer gehen muss. Das Bundespersonalrecht legt die Entschädigung fest. Solches findet in der Schweiz in der Regel maximal Niederschlag in den Agenturmeldungen der Bundeskanzlei.


Wie steht es denn mit der politischen Einflussnahme auf die Tätigkeit der Bundesstrafverfolgung? Viel wird darüber in der Regel nicht bekannt, einfach deswegen, weil direkte Einflussversuche selten vorkommen. In Erinnerung ist die Affäre Tinner, als der Bundesrat per Exekutivbeschluss – auf Begehren einer ausländischen Regierung – die Bundesanwaltschaft anwies, Akten aus einem Strafverfahren zu vernichten. Der Bundesrat trat deswegen nicht zurück und wurde auch nicht ernsthaft dazu aufgefordert. Tatsache ist, dass die Bundesanwaltschaft (das Pendant zum Attorney General’s Office) seit der Reorganisation der Bundesstrafbehörden 2011 grundsätzlich selbstständig ist und selbst ihre Aufsichtsbehörde ihr keine Anweisungen in der Fallführung erteilen kann. Umgekehrt ist es aber auch so, dass die Bundeskriminalpolizei gerade in Budget- und Ressourcenfragen eine Verwaltungseinheit darstellt und damit letztlich verwaltungspolitisch geführt wird. Vermutlich käme es nicht so gut an, wenn die Vorsteherin EJPD oder die Direktorin fedpol in einzelne Verfahren hineinregieren würden, aber können täten sie es schon. Und selbstverständlich ist die Mittelzuteilung letztlich auch ein politischer Akt, der über die Schwerpunkt-Aktivitäten einer Behörde massgeblich bestimmt.


Insofern sind die Verhältnisse in der Schweiz nicht viel anders als in den USA. Nur sind halt Reizfiguren à la Trump im Bundesrat seit 2007 etwas aus der Mode gekommen, weshalb sich auch die Kritik am System in der Regel in sehr moderatem Rahmen bewegt.

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