Der Tages-Anzeiger berichtete gestern über den Rechtsstreit zwischen der Bank Safra Sarasin und dem Drogerieunternehmer Erwin Müller vor dem Landgericht in Ulm/D. Unter anderem ging es dabei um interne (kundenbezogene) Bankdokumente, welche ehemalige Mitarbeiter der Bank dem Anwalt des Kunden Müller übergeben hatten. Die Dokumente hielten gemäss Zeitung fest, „wie schlecht und an einer Stelle sogar falsch“ der Kunde beraten worden war, und dass Müller „ohne die internen Unterlagen aus seiner Hausbank…vor Gericht in Ulm kaum zu seinem Recht gekommen“ wäre. Als die Bank von der Übergabe der Dokumente erfuhr, erstattete sie gemäss Bericht Anzeige wegen Verletzung des Bankgeheimnisses. Das Landgericht Ulm hatte entschieden, das Bankgeheimnis schütze den Kunden, nicht aber die Bank. Es hielt fest, es gebe „kein schutzwürdiges Interesse der Bank“ an einer Geheimhaltung, und diese habe auch „vor Gericht nicht fundiert begründet, worin genau eigentlich die Verletzung…des Bankgeheimnisses liegen soll“.
Was denkt sich der geneigte Leser ohne Aktenkenntnis? Nach Art. 47 Bankengesetz wird bestraft, wer vorsätzlich ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Angestellter einer Bank anvertraut worden ist. Geheim ist das Kundenverhältnis zwischen dem Kunden und der Bank, und Herr über das Geheimnis ist der Kunde, nicht die Bank. Selbstredend kann daher die Bank gegenüber dem Kunden (oder seinem Rechtsvertreter) dieses Geheimnis nicht verletzen, jedenfalls solange nur Informationen betreffend genau diesen Kunden mitgeteilt werden. Insofern hält das Gericht in Ulm Selbstverständliches fest, das auch in der Schweiz gelten würde. Doch wie ist es mit Interna (z.B. interne Beratungsnotizen), welche Mitarbeiter nach aussen (z.B. zu einem Kunden) tragen? Diese fallen – wenn der Empfänger der Kunde ist und kein anderer Kundenname mitgeteilt wird – nicht unter das Bank-, sondern allenfalls unter das Geschäftsgeheimnis. Und dessen Verletzung kann nach Art. 162 StGB immerhin mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Hier ist das betreffende Geschäft (also z.B. eine Bank) selbstredend geschädigte Partei und berechtigt, einen Strafantrag zu stellen. Ob dann in Einzelfall die fraglichen Kundennotizen ein Geschäftsgeheimnis darstellen, ist eine andere Frage.
Das Bankgeheimnis schützt also tatsächlich den Kunden und nicht die Bank, auch wenn diese eine entsprechende Anzeige einreichen kann. Aber ihre eigenen Daten fallen speziell gegenüber dem Kunden nicht unter das Bank-, sondern allenfalls unter das Geschäftsgeheimnis. Da sollten Mitarbeiter sich schon zweimal fragen, ob sie solche Dokumente freimütig nach aussen tragen.
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